QZ: Erläuterungen und BeispieleDas Konzept des QZ: In den Qualitätszirkeln sollen Informationen über Problemstellungen und potentiellen Fehlerquellen in allen Praxisbereichen Struktur, Organisation, Administration, Wissen und Fertigkeiten von Arzt und MPAs gesammelt, Ursachenforschung betrieben, Vorschläge zur Beseitigung erarbeitet und fachliche Standards entwickelt werden. Die Arbeit im Qualitätszirkel wird auf die einzelnen Personen verteilt. Sie ist durch einen klaren Ablauf, geeignete Arbeitsmittel und eine nachvollziehbare Struktur bestimmt. Dafür sorgt der Moderator. Ein gut funktionierender Qualitätszirkel basiert auf der Qualität seiner Mitarbeitenden und der richtigen Koordination durch den Moderator (Gruppenleiter) oder die Moderatorin (Gruppenleiterin) und seine Wirksamkeit begründet sich auf die Arbeitserfahrung der Teilnehmenden, nicht auf äußere Konzepte. Ein systematisierter, zielgerichteter Ablauf soll die schnelle Analyse der Problemstellung und die Umsetzung von Lösungen im Arbeitsalltag ermöglichen. Der Arbeitsablauf eines Qualitätszirkels entspricht den Prinzipien von Selbstevaluation und Selbstdeklaration, so dass die Ergebnisse der Arbeit rasch und direkt sichtbar und nachvollziehbar sind. Durch systematische Aufnahme, Visualisierung und Strukturierung aller Teilnehmerbeiträge werden - konsensorientiert - gemeinsam erarbeitete Ergebnisse erzielt. Arbeitsweise und Prinzip:Im Qualitätszirkel können Informationen über Problemstellungen gesammelt, Ursachen-Forschung betrieben, Vorschläge zur Beseitigung erarbeitet und/oder fachliche Standards entwickelt werden. Er kann auch als Brücke zwischen der Theorie respektive den (scheinbar) objektiven oder objektivierten wissenschaftlichen Aussagen (Fort- und Weiterbildung, Guidelines, Algorithmen usw.) und der Praxis (Sinnhaftigkeit, Umsetzbarkeit, Relevanz im hausärztlichen Alltag, therapeutische und/oder prognostische Konsequenz, Kosten-Nutzen-Beurteilung usw.) dienen. Geeignete Instrumente dafür sind „das Wissen der Vielen“, Ideenreichtum, Fantasie, Kreativität, Erfahrung, Motivation, Selbstkritik, Änderungsbereitschaft und –Fähigkeit sowie die Techniken und Methoden der zielgerichteten Team-Kommunikation (speziell Kreativitätstechniken): Brainstorming, Brainwriting, Scenario-Technik, Flußdiagramme, Fischgräte-Diagramme, Ursachenwirkungs-Diagramme, 635-Methode, Kartenumlauftechnik, Ringtauschtechnik, Sterndiagramme, stummes Schreibgespräch, Mind-Mapping, Nominalgruppentechnik NGT nach Delbecq, Kraftfeldanalyse KFA nach Kurt Lewin, Planungs- und Entscheidungsmethoden, Feedback-Methoden und viele andere Kreativitätstechniken der freien oder strukturierten Assoziation und der Konfrontations- und Kombinationstechniken, (vgl. Moderatoren-Ausbildung). Strukturierung Um die definierten Ziele für den QZ im Rahmen des Qualitätsmanagements zu erreichen, sollte die Arbeit strukturiert sein. Für die Strukturierung des Arbeitsablaufs sind der Moderator oder die Moderatorin verantwortlich. - Der Qualitätszirkel hat einen festen Teilnehmerkreis.
- In der Regel schliessen sich 4 bis 10 Ärzte zu einem Qualitätszirkel zusammen
- Zielgruppe der Qualitätszirkel sind grundsätzlich alle in der ambulanten Versorgung tätigen Ärzte. (Das schließt aber die Teilnahme von Krankenhausärzten und Teilnehmer aus anderen Heilberufen nicht aus).
- Der Qualitätszirkel trifft sich zu mindestens acht bis zehn Sitzungen im Jahr.
- Die Gruppe trifft sich regelmäßig (in der Regel alle vier bis sechs Wochen).
- Die Arbeit des Qualitätszirkels wird protokolliert, indem mindestens die Ausgangssituation respektive die Fragestellung, das vorläufige Ziel, die Herleitung (z.B.in Form eines Schemas) und das (eventuell vorläufige) Ergebnis, die Quintessenz, die Konklusion oder Konsequenz für den Praxisalltag festgehalten werden. Die vollständigen Protokolle werden gesammelt und dienen zur Evaluation respektive zur Ergebniskontrolle.
- Moderator oder Moderatorin sorgen dafür, daß in regelmäßigen Abständen Evaluationen respektive Ergebniskontrollen durchgeführt werden (wurden die in früheren QZ-Arbeiten definierten Ziele erreicht? Konnte das angestrebte Ergebnis erreicht werden? Konnte die erarbeitete Konsequenz im Praxisalltag umgesetzt werden? Wenn nein, warum nicht?). Damit soll die Akzeptanz und die Effektivität der Arbeit des Qualitätszirkels festgestellt und allenfalls die Arbeitsmethoden im QZ angepaßt werden.
- Strukturiertes, zielgerichtetes Vorgehen. Qualität ist nicht etwas, das erst am Ende eines Prozesses überprüft (und damit häufig dem Zufall überlassen), sondern etwas, das schon zu Beginn geplant und als Ziel formuliert werden soll!
Moderation des QZ
Moderatorenkompetenz
Moderationskompetenz umfaßt die Fähigkeit, Gespräche und Interaktionen als weitgehend neutraler Beteiligter zu steuern. Diese Steuerung erfolgt mit dem Ziel, die jeweilige Kommunikationssituation möglichst effektiv und effizient zu gestalten. - Moderationskompetenz erhöht die Wahrscheinlichkeit, in einem QZ zu einem gewünschten Ergebnis zu kommen, d.h. gesetzte Ziele zu erreichen und Aufgaben zu erledigen.
- Moderationskompetenz reduziert den durchschnittlich notwendigen Zeitbedarf für den QZ, da dieser zielorientierter und mit adäquaten Unterstützungsmethoden durchgeführt wird, zum Beispiel sinnvollen Visualisierungs-, Abfrage-, Entscheidungs- und allgemein Gesprächsführungstechniken.
- Die Qualität von Abstimmprozessen und Problemlösungen steigt, weil der QZ unter kompetenter Moderation zielorientiert(er) arbeitet. Fähigkeiten- Fähigkeit, Moderationssituationen zu planen, durchzuführen und auszuwerten
- Fähigkeit, einen QZ so zu steuern, dass dieser konstruktiv und zielorientiert abläuft
- Fähigkeit, Ziele Situationen gerecht aufzustellen, Konsens und Commitment der Beteiligten über diese Ziele zu schaffen bzw. einzuholen
- Fähigkeit, sicherzustellen, dass alle Beteiligten sich einbringen und zu Wort kommen und keine verbalen Tiefgriffe, unsachlichen Beiträge oder sonstiges destruktives Verhalten die Situation prägen
- Kenntnis von hilfreichen Modellen, Methoden und mentalen Aspekten, um einen QZ effektiv und effizient zu führen.
Hilfe für die konkrete Umsetzung Checkliste (10-Punkte-Strategie als Beispiel):- Situation und Umstände mit Kennzahlen schildern.
- Problembereich(e) möglichst exakt umschreiben und wichtige Abläufe, Gefahren- (Fehler-) Quellen und persönliche kritische Haltung, persönliches Hinterfragen respektive persönliche Unsicherheit im Umfeld des „Schwachpunktes“ beschreiben.
- Schematische Darstellung (durch den Moderator respektive die Moderatorin).des „Schwachpunktes“ und seiner Umgebung (Ablauf, Prozeß, Gefahren usw.), z.B. in Form eines Flußdiagramms
- Brainstorming, Ideen sammeln, Gedanken dazu austauschen, persönliche Erfahrungen einbringen, allgemeine Inputs zur Problematik;
- Problem respektive Fragestellung(en) exakt definieren und Aufgabe(n) klären (meist durch den Moderator respektive die Moderatorin), indem z.B. Anforderungen bestimmt, aktuelle Abläufe und ihre Ergebnisse beobachtet und Verbesserungschancen zum erwarteten Ergebnis abgeschätzt werden (komprimierte Zusammenfassung von Punkt 4.);
- Problem(e) und Ursache(n) analysieren, mit der Analyse der Abläufe und Brainstorming z.B. ein Fischgräten- bzw. Ursache-Wirkungsdiagramm erstellen;
- Lösung(en) vorschlagen, diskutieren und bewerten, d.h. z.B. ein neues Ablaufdiagramm erstellen, neue Kennzahlen (Indikatoren, Faktoren, Hypothesen, Strategien usw.) für die Lösung aufstellen, Aufwand bestimmen und die Kosten zum Nutzen abschätzen;
- Umsetzungsplan aufstellen, die Aufgaben verteilen, neue Prozesse ankurbeln, Widerständen begegnen;
- Protokoll erstellen: Ausgangspunkt(e), Problem-, Frage-Stellung(en), Pro und Contra, Quintessenz (Konklusion, Konsequenzen, Lösungsvorschläge), Aufgabenverteilung mit Zeitplan;
- Lösung umsetzen, verbesserte(n) Ablauf / Situation beobachten, warten bis Routine in den neuen Ablauf eingekehrt ist und dann neue Kennzahlen erheben, dokumentieren und gegebenenfalls im Ablauf anpassen.
Stolpersteine: v Mängel im Konzept („keine klare Linie“) v Unklarheiten, Mißverständnisse („jeder versteht etwas anderes darunter“) v Ungleiche Einstellung oder Meinung zum Stellenwert des QZ, (Motivationsungleichgewicht) v Ungeklärte, falsche, nicht vorhandene Infrastruktur (geeignete Räumlichkeiten, Arbeitsmittel) v Informationslücken, Informationsstand ungleich (Vorbereitung) v Fehlen geeigneter, ausgebildeter Moderatoren respektive Moderatorinnen v Zu umfangreiche, zu komplexe Themen oder Problemstellungen v Themen, bei denen die Problemlösungsstrategien zu komplex, zu zeitaufwendig sind v Themen oder Problemstellungen, die nicht geeignet sind für (nicht beeinflußbar durch) QZ v Mindest-Voraussetzungen für die konsistente Wirksamkeit eines QZ nicht gegeben Beispiele
1. Beispiel: Fortbildung COPD. Es werden im Wesentlichen die aktualisierten diagnostischen (Klinik und Spirometrie) und therapeutischen (neue Medikamente) Guidelines vorgestellt sowie der Algorithmus zum Abklärungs-Procedere. Aufforderung an die Hausärztinnen und Hausärzte, ihre Früherkennungs-Aufgabe wahrzunehmen, um auch schon asymptomatische Personen mit Früh-COPD rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln: Screening aller rauchenden Personen ab 30 mittels Spirometrie. Zurück in der Praxis können sich dem Hausarzt respektive der Hausärztin vorerst folgende Fragen stellen: - Wie handhabe ich bis anhin die Früherkennung der COPD? - Halte ich die Guidelines ein? Den Algorithmus zum Abklärungs-Procedere? - Sind Guidelines und Algorithmus für die Hausarztpraxis überhaupt relevant? Sind sie umsetzbar? - Wie steht es mit Zeitbedarf? Kosten? Umsetzbarkeit? Management? - Wie machen es die Hausarzt-Kolleginnen und Kollegen? Das Thema wird in den QZ getragen. Alle QZ-Mitglieder bekommen vorgängig das Fortbildungs-Handout zugestellt, damit alle den gleichen Informationsstand haben. Es wird im QZ nach der „10-Punkte-Strategie“ vorgegangen. Ergebnisse nach der ersten QZ-Bearbeitung: 1) Alle Mitglieder handhaben das Problem anders 2) Bei der Mehrheit der Mitglieder besteht eine gewisse Verunsicherung 3) Es fehlt an handfesten Zahlen und Informationen für sichere Entscheidung 4) Es besteht Konsens, dass die COPD eine zunehmend wichtige Erkrankung darstellt und dass deren qualitativ bestmögliches Management eine vorrangige Bedeutung hat 5) Verfügbare Zahlen und Informationen sollen als Basis für die weitere Diskussion beschafft werden. QZ-Mitglied A bestellt beim Aussendienst mehrerer COPD-Medikamente produzierender Firmen die Ergebnisse (niemand hat Lust, Studien durchzuackern…) aller verfügbarer Studien zu der Fragestellung: - Prognostische Relevanz/Konsequenz der Behandlung asymptomatischer COPD-Patienten unter Berücksichtigung des Aspektes Nikotinstopp – Weiterrauchen und bittet, ihm die Ergebnisse per Attachment an E-Mail zukommen zu lassen. Diese werden in der Folge allen QZ-Mitgliedern weitergeleitet und an einem der nächsten QZ wieder nach der „10-Punkte-Strategie“ bearbeitet und Konsequenzen daraus abgeleitet. Das Projekt wird abgeschlossen mit folgenden Schlussfolgerungen: - Motivation zum Nikotinstopp ist die aussichtsreichste Therapiemassnahme mit gutem Kosten-Nutzen-Verhältnis. - Für den frühzeitigen Einsatz von Medikamenten schon bei asymptomatischen Personen ist die Datenlage unklar. Kosten-Nutzen-Verhältnis ist wahrscheinlich eher schlecht, wenn die Person weiter raucht, der zusätzliche Nutzen von Medikamenten als Begleittherapie bei Nikotinstopp ist nicht abschliessend geklärt. Individuelles, fallbezogenes Vorgehen ist gerechtfertigt. - Motivation zum Nikotinstopp ist bei symptomatischen Personen nicht besser als bei asymptomatischen, der Nikotinstopp aber die entscheidende Massnahme zur Prognose-Verbesserung: Bei allen Personen mit positiver Raucheranamnese sollen Massnahmen, die zum Nikotinstopp führen, vermehrt in die Überlegungen miteinbezogen werden. Die Spirometrie bringt hier höchstens einen marginalen Mehrwert. - Da die COPD mit allen Massnahmen höchstens stabil gehalten, nicht aber geheilt werden kann und zudem wenig therapeutische Optionen vorhanden sind, macht es Sinn, die Therapie entsprechend der Klinik und nicht entsprechend der Spirometrie-Resultate anzupassen. Die Spirometrie-Nach- und –Verlaufskontrollen als psychologische oder pädagogische Massnahmen bringen mehr Frustration („Die Werte sind nicht besser trotz aller Bemühungen…“) als Motivation („der Aufwand lohnt sich…“) und können deshalb kontraproduktiv sein bei wenig Mehrwert für den Arzt respektive die Ärztin. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis der regelmässigen Spirometrie-Nach- und –Verlaufskontrollen ist deshalb eher schlecht. - Guidelines und Algorithmus (das „Wie“) werden zwar übernommen, die Konsequenz der Umsetzung (das „Ob“ und das „Wann“) aber dementsprechend individuell angepasst. - Die QZ-Mitglieder fühlen sich jetzt sicher im Umgang mit der COPD. Auf weiterführende Projekte die COPD betreffend wird vorderhand verzichtet. Vgl. auch Definition und Beschreibung
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